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 TANZ IST AUCH EIN GESPRÄCH

Ein Interview mit Swetlana Simonova, Dozentin für orientalische Tänze in Wien

Vor Kurzem wurden im Kulturzentrum der Österreichisch-Tadschikischen Kulturgemeinde (ÖTK) regelmäßig Kurse für tadschikischen Tanz ins Leben gerufen. In diesem Zusammenhang führten wir ein Gespräch mit der Tanzpädagogin Swetlana Simonova – einer renommierten Tänzerin, Choreografin und Lehrerin. Ziel des Interviews ist es, sowohl die Lehrerin selbst als auch die Philosophie und Bedeutung des tadschikischen Tanzes vorzustellen.

Im Interview berichtet Frau Simonova von ihrem persönlichen Weg, der Verbindung zum berühmten Ensemble „Lola“, ihrer Liebe zur östlichen Kultur sowie ihren Zielen und Träumen.

Hier das vollständige Gespräch:

ÖTK: Guten Tag, Swetlana! Erzählen Sie uns bitte von sich. Wie haben Sie den Weg zum Tanz gefunden?

Swetlana Simonova: Mein Weg in die Welt des Tanzes begann im Alter von 9 Jahren an einer Ballettschule. Mit 14 Jahren trat ich dem halbprofessionellen Ensemble „Altaische Morgenröte“ bei, wo wir Tänze verschiedener Völker der Welt aufführten. Im Frühling 1965 kam es zu einem entscheidenden Wendepunkt in meinem Leben: Eine Delegation der Staatlichen Philharmonie Tadschikistans besuchte unsere Stadt. Unter den Künstlern war auch die berühmte Tänzerin Sharofat Rashidova. Besonders ihr Tanz „Die Schlange“ hat mich tief beeindruckt. Ich hatte die Möglichkeit, hinter die Bühne zu gehen und sie persönlich kennenzulernen. Diese Begegnung veränderte mein Leben. Sie sagte mit erstaunlicher Einfachheit: „Wenn du tadschikischen Tanz lernen willst, helfe ich dir.“ Zu dieser Zeit wurde gerade das neue Ensemble „Lola“ gegründet, und sie versprach, mich nach Tadschikistan einzuladen.

ÖTK: Wie begann Ihre Arbeit im Ensemble „Lola“? Und was bedeutete es für Sie, mit dem berühmten Ghaffor Valamatzoda zusammenzuarbeiten?

Swetlana Simonova: Drei bis vier Monate später erhielt ich die offizielle Einladung. Mit 16 Jahren flog ich nach Duschanbe. Sharofat holte mich ab, und ich wohnte zunächst in ihrer Familie, bis ich eine eigene Unterkunft fand, ganz in der Nähe des Grünen Theaters, wo wir arbeiteten. Die tadschikische Gastfreundschaft war für mich eine weitere Motivation, in Tadschikistan zu bleiben.

Der Leiter des Ensembles, Ghaffor Valamatzoda, empfing mich mit großer Herzlichkeit. Er vermittelte mir vieles: wie man die tiefere Bedeutung des tadschikischen Tanzes versteht, wie man den orientalischen Geist verkörpert. Diese Lehrer prägten meine Liebe zum orientalischen Tanz nachhaltig – aber der tadschikische Tanz blieb mir stets der tiefste und vertrauteste.

ÖTK: Welche Tänze gefielen Ihnen in jener Zeit besonders tadschikische, usbekische, uigurische?

Swetlana Simonova: Tanz ist die Seele eines Volkes – seine Geschichte, seine Traditionen, seine stille Sprache. Die tausendjährige Tiefe des tadschikischen Tanzes hat mich besonders gefesselt. In jeder Bewegung, in jeder Melodie spürt man die Identität eines alten Kulturvolkes.

ÖTK: Sie verfügen über langjährige Erfahrung im Unterricht nicht nur zentralasiatischer, sondern auch kaukasischer und europäischer Volkstänze. Wie gelingt es Ihnen, die kulturelle Seele jedes Tanzes zu vermitteln?

Swetlana Simonova: Bewegung ist die Musik des Körpers. Tanz ist ein innerer Zustand des Wandels, der Freude, der Koexistenz mit der Welt. Erst wenn eine Tänzerin mit ihren Emotionen tanzt, wird der Tanz lebendig – er spricht.

ÖTK: Was ist Ihrer Meinung nach das wichtigste Element im nationalen Tanz – Technik, Rhythmus, Gestik oder das innere Gefühl?

Swetlana Simonova: Ganz klar: das innere Gefühl. Tanz ohne Emotion ist nur eine Abfolge von Bewegungen. Wenn ein Tänzer oder eine Tänzerin aus tiefstem Herzen tanzt, wird daraus Kunst.

ÖTK: Das Schicksal hat Sie nach Österreich geführt. Können Sie uns erzählen, wie Sie hierher kamen und wie sich Ihr künstlerisches Leben verändert hat?

 Swetlana Simonova: Im Jahr 1972 zog ich mit meinem Ehemann in die Ukraine, wo wir viele Jahre lebten. Leider herrscht dort heute ein grausamer, ungerechter Krieg. Wir mussten Kiew verlassen und fanden in Österreich Ruhe und Sicherheit.

ÖTK: Wie kam es zur Idee, in Wien Kurse für tadschikische und andere Tänze zu geben?

Swetlana Simonova: Einige Monate nach meiner Ankunft in Österreich erfuhr ich, dass es in Wien ein Zentrum für tadschikische Kultur gibt. Ich stellte mich dort vor und erzählte meine Geschichte. Schnell einigten wir uns darauf, Kurse für tadschikischen und orientalischen Tanz anzubieten. Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen bereitet mir große Freude. Ich sehe Tanz nicht nur als Beruf – ohne Tanz hat mein Leben keinen Sinn. 

ÖTK: Welche Tänze unterrichten Sie in Ihren Kursen? Und welcher Tanz steht am Anfang?

 Swetlana Simonova: Natürlich beginnen wir mit dem tadschikischen Tanz. Aber wir werden auch mit Freude Tänze aus Zentralasien, dem Kaukasus und aus anderen Weltregionen einstudieren. Tanz kennt keine Grenzen.

ÖTK: Was unterscheidet Ihrer Meinung nach den tadschikischen Tanz von anderen Tanzstilen?

Swetlana Simonova: Der tadschikische Tanz ist besonders fein, bedeutungsvoll und voller Poesie. Jede Region Tadschikistans hat ihren eigenen Stil, ihre Trachten, ihren Rhythmus. Es ist eine enorm reiche Kultur, deren Erforschung tiefe Freude bereitet.

ÖTK: Wie helfen Sie Ihren Schüler*innen, sich auch bei ersten Bühnenauftritten sicher zu fühlen?

Swetlana Simonova: Wenn ein Mensch sich als Teil der Weltkultur empfindet, entsteht in ihm innere Ruhe und Selbstvertrauen. Tanz hilft, sich selbst zu erkennen und zu entfalten.

ÖTK: Was wünschen Sie den Teilnehmer*innen Ihrer Kurse und allen, die den tadschikischen Tanz noch entdecken möchten?

Swetlana Simonova: Mein Traum ist es, fröhliche Gesichter zu sehen – nicht nur während der Stunden, sondern auch im Leben. Ich wünsche mir, dass Menschen mit Stolz und tiefer Verbundenheit zu ihren Wurzeln in Sicherheit und Gemeinschaft leben können.

Die tadschikische Kultur ist uralt und würdig, bewahrt und geehrt zu werden. Der tadschikische Tanz ist voller Schönheit, Anmut und Tiefe. Ich lade alle Liebhaber orientalischer Kultur ein – Tadschiken, Usbeken, Kirgisen, Turkmenen, Aserbaidschaner, Ukrainer und alle Interessierten – kommt und lasst uns gemeinsam diese Schönheit erleben!

ÖTK: Herzlichen Dank für das aufrichtige und inspirierende Gespräch!

📍 Die Tadschikischen Tanzkurse mit Swetlana Simonova finden jeden Samstag um 11:00 Uhr statt im:

Flachgasse 22, 1150 Wien

🌸 Alle sind herzlich willkommen!